Burnout-Link-Tipps — #4

Vierte Lieferung der (fast) täglichen kulturellen Link-Bonbons, die mir Freude machen und Kraft spenden und die ich seit meinem Burnout-Zwischenfall mit ›meinen Leuten‹ in einer kleinen Privatmitteilungs-Gruppe bei Twitter teile.


Freitag, 30. Nov.: Heutiger Tipp ist mal was ganz anderes: ein Lebensmittel! — Schon vor einiger Zeit habe ich begonnen, alles an Milch-Alternativen zu verköstigen, dessen ich habhaft werden kann. Warum? Rindermilch ist (für mich) doof, weil  …

  1. image… evolutionsbiologisch (leichte Laktose-Intoleranz);
  2. … entsprechende Verdauungs-Unannehmlichkeit, die im Verbund mit einem klassischen göttlichen Leiden meinerseits bisweilen ‘ne buchstäblich beschissen-blutige Kombi ergibt;
  3. … uns Werbegedöns eingeredet hat, die Milch von der Kuh wär der Heilige Gral und ich insgesamt weg will von diesem ganzen agrar-industriellem-bio-chemisch-pharmazeutischen Vergiftung. Ich würd die ja gern gleich in die Luft sprengen, aber ich versuch’s erstmal auf die individuell-pazifischtisch-konsumistische Weise.

Hab echt alles durchprobiert, was man sich denken kann: Soya-, Mandel-, Spinnen-, aus alten Schuhsohlen recycelte Milch, imaginäre Milch … nix davon hat mir geschmeckt, oder ist leicht erwerblich, oder existiert. Die evolutionsbiologisch angeblich beste (weil der Menschenmuttermilch ähnlichste) Milch soll ja Pferdemilch sein. Aber an Pferdemilch komme ich so leicht nicht rann, erst recht nicht bei meinem kleinen REWE um die Ecke, und ich habe weder Geld noch Platz mir genug Pferde in der Bude zu halten, um selbst zu melken.

Nun hab ich aber Hafermilch von Oatly entdeckt und kann endlich wieder nicht-trockenes Müsli zum Frühstück futtern. Ich hab mit der Calcium-Variante angefangen und die schmeckt mir schon so, wie sie ist, sehr gut. Ein wenig nach Hafer (no-na!), aber für mich Zuckermäulchen süß genug, dass ich das Müsli in keinster Weise mehr mit Honig nachsüßen muss. Möglicherweise hat mich aber auch schlicht der Bann eines Kultes erwischt … wer kann sich schon sicher sein in den heutigen Zeiten (wo ist mein Alu-Mützchen).


Samstag, 01. Dez.: Für den heutigen Tipp des Tages gönne ich mir — ich, der große Nostalgie-Skeptiker — eine fette Portion Kindheits-/Jugenderinnerung. Es ist nämlich so, dass ich buchstäblich seit Jahren immer wieder mal vergeblich nach der Titelmusik einer englischen Serie aus den ¿70ern/80ern? suche. Heute wurde ich endlich fündig!

Bei uns lief die 13-teilige Serie »Brendon Chase« (1980) — nach dem gleichnamigen Jugendbuchklassiker von Denys Watkins-Pitchford aus dem Jahre 1944 — unter dem Titel »Im Schatten der Eule«. Die Musik stammt von Paul Lewis, und Flötenlegende James Galway tüdelt meisterhaft. Die Serie ist eine der vielen Wurzeln für meine Anglophilie. Im Gegensatz zu ›Ami-Scharrn‹ durfte ich die gucken.

Bei uns gibt’s die TV-Serie nur in deutscher Fassung bei Amazon Prime oder auf DVD. Es gibt aber einen youtube-Kanal mit allen 13 Folgen auf Englisch in mittelprächtiger Bildqualität. Die Serie hat mir damals sehr gut gefallen, obwohl ich nicht alle Folgen gesehen habe.


Sonntag, 02. Dez.: Gestern hab ich mich ja extrem viel im offenen Twitter herumgetrieben (war mutig, weil ich Musik für meine GutMukke-Playlist zusammengestellt habe, und meine wiedergefundene Hingabe für Musik — die mir über die letzten Jahre vollkommen verloren gegangen ist — wirkt ausgesprochen vitalisierend), und hab z.B. begeistert über die neue »Mord im Orientexpress«-Verfilmung (2017) und den Audiokommentar dazu von Regisseur/Darsteller Kenneth Brannagh abgejubelt. Gehört zu den wenigen Filmen, die ich glücklicherweise in OV im Kino sehen konnte, was sich wegen der hinreissenden Inszenierung gelohnt hat. Ich weiß, über Brannagh wird sich gern mal lustig gemacht oder man winkt ab, weil er bisweilen extrem eitel und egomanisch daherkommt, aber wer wie ich damals™ von seinem »Henry V« (1989) komplett überrumpelt wurde, oder sich mit »Peter’s Friends« (1992) vorführen ließ, wie Dramödie geht, oder einen seiner anderen guten Streifen mochte (zum Lachen: »Much Ado About Nothing« (1993); wer das Sitzfleisch hat: »Hamlet« (1996) ungekürzt und episch; ich würd gern mal wieder »In the Bleak Midwinter« (1995) sehen, aber der ist leider völlig untergegangen), oder wer ‘ne Schwäche für die Krimis von Agatha Christie hat, wird höchstwahrscheinlich seine Freude mit dem neuen »Orient Express« haben. Hier eine Vorgeschmacks-Dreiheit:

  1. eine lange Version des Film-Trailers;
  2. eine lobende Besprechung von BBC-Filmkritiker (für mich vielleicht der beste Filmkritker, wo’s gibt derzeit) Mark Kermode:
  3. und ein nettes Gespräch von Kermode mit Brannagh:

Unbedingt erwähnen muss ich auch, dass Brannagh als Regisseur/Darsteller zusammen mit Adapteur/Drehbuchautor Michael Green einen exzellenter Audiokommentar auf der DVD des Films bieten, der mich dazu anregte, mich endlich mal mehr mit Agatha Christie zu beschäftigen.


Montag, 03., Dez.: Sorry, wenn mir mir nun keine klugen einleitenden Worte mehr einfallen mögen, aber ich hatte heut einen etwas wilden Tag. — Irgendwann um 4 Uhr früh ist in meiner Straße der Strom ausgefallen wegen zwei Leitungsbrüchen. Auslöser war eine Anschlussmuffe in meinem Keller, die durch Dauer-Gedröppel ‘nen Kurzen verursachte, und ein paar Häuser weiter ist deshalb dann auch eine schlampige Anschlußverlötung durchgebrannt. Ab 8 Uhr waren dann insgesamt 3 Transporter der @Mainova mit zeitweise (ich glaub) 12 Leuten am Start, die Sache zu beheben, inkl. Kleinbagger, Gehweg 2 x aufbuddeln und Einspeisleitungsneuverlegung (Deutsch ist geil). Hat ›nur‹ bis 17 Uhr gedauert, trotz Kälte & Nieselregen. — Ich selbst verbrachte die Zeit damit, sämtliche Lebensmittel aus dem Kühl- & Eisschrank wegzufuttern (Gottseidank war ich Samstags zu faul, noch groß Vorräte aufzustocken, weil ich ja noch genug im Haus hatte) und, (weil meine Bude auch tagsüber berüchtigt dunkel ist) bei Kerzenschein Avatar-Comic zu lesen und mich bereit zu halten, den Infrakstruktur-Helden nötigenfalls die Haustür aufzumachen, falls sie doch von Kellerseite aus bosseln müssen.

Ach ja, der Tipp! Das neue Video von @Natalie Wynn. Wer sie nicht kennt, einfach mal ihrem Kanal durchstöbern. Ist alles klug, herrlich zotig, gut argumentiert, hinreissend gespielt & inszeniert und zum Teil auf genau die Art verstörend, die ich mag. Viel Spaß mit der Apokalypse, ihr Umweltfreunde:


Mittwoch, 05. Dez.: Heutiger Tipp des Tages: meine Neugierde für und deren ambitioniertes Vorhaben hat mich dazu gebracht, mich wieder den Beständen zu Medien- & Kommunikations-Theorie meiner (rumprotz!) Privatbibliothek zuzuwenden. Dabei habe ich zu meiner Freude entdeckt, dass ein Buch, das mich sehr geprägt hat, mittlerweile komplett online vorliegt. — Ich hatte 1998 das große Glück auf die Ars Electronica mitgenommen zu werden. Damaliges Thema: »Infowars« und entsprechend passend lautet der Titel von Band 2 (die Aufsatz-Sammlung) des Katalogs: »Information. Macht. Krieg.«.

Der für mein Dafürhalten beste Text stammt von Douglas Rushkoff, vielleicht manchem hierzuland noch bekannt als Teil der frühen Cyberpunk-Szene. Ich fand damals seinen Roman »Ecstasy Club« über die Rave-Szene der mittleren/späten 90er ziemlich interessant … grad weil ich mit diesem Milieu so gar nix am Hut hab. — Hier zum gehts kompletten Text von »Zwangsausübung und Gegenmaßnahmen«:

Zusammenfassung zu Beginn des Textes geht so:

Der Informationsrüstungswettlauf
Bei jedem Informationskrieg verlieren wir Menschen automatisch. Denn sobald Kommunikation zu Information wird, lebt sie nicht mehr. Wenn wir, als lebendige Wesen, eine Rolle im InfoWar annehmen, verlieren wir auch den Heimvorteil – die Verteidigungsfähigkeit, über die jede eingesessene Bevölkerung verfügt.
Wenn wir uns zu dem Glauben verleiten lassen, der Kampf um die Information sei in Wahrheit ein Kampf um die Realität, haben wir den Krieg bereits verloren.

Und diese zwei Kostproben taugen mir enorm:

So wie Liebemachen die Möglichkeit zu neuen genetischen Kombinationen eröffnet, leitet Kommunikation einen Prozeß der kulturellen Mutation ein. Wenn Gleiche miteinander kommunizieren, bleibt nichts, wie es ist. Echte Teilnahme heißt, daß man über alles reden kann.

Kostprobe 2:

Als immer mehr Menschen ihre Fernseher abdrehten und online gingen, stand die Frage für Beeinflussungsprofis fest: Wie können wir diesen Kommunikationsalptraum in ein herkömmliches, totes, kontrollierbares Massenmedium umwandeln? Der große Trick bestand darin, Kommunikation durch Information zu ersetzen.

Für mich erstaunlich und auch etwas gruselig: Die gleichen Probleme werden heute noch — 20 Jahre später — immer noch mit einer Behäbigkeit durchgekaut, als seien sie uns grad erst vor die Füße gefallen.

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