Jahresrückblick 2017: Games

Derzeit brüte ich über meinen Games-Kurzbesprechungen für den »Jahresrückblick 2018« (es wird geben: »Assassin’s Creed: Odyssey«, »The Council«, »Detroit: Become Human«, »Far Cry 5«, »God of War«, »Gorogoa«, »Marvel’s Spider-Man«, »Ni No Kuni 2: Revenant Kingdom«, »Red Dead Redemption 2«, »Shadow of the Colossus (HD-Remastered)« und »Takoma«) … und da halte ich es nicht für überspannt, meine Beiträge von den Rückblick auf das Jahr 2017 nun hier versammelt der werten Leserschaft zu unterbreiten. Ich empfehle drüben bei ›Polyneux‹ vorbeizuschauen, um alle Rückblicke meiner geschätzten Kolleginnen zu genießen!

Hier habe ich die einzelnen Kurzkritiken leicht überarbeitet und neu sortiert: zuerst die drei Gewinner der Gold-, Silber und Bronze-Pokale, dann alphabetisch der Rest.


»Horizon: Zero Dawn« — GOLD

Mal ideologisch aufgezogen, kann man allen hämisch giftspeienden Zweifeln, es ließe sich aus wohlmeinenden aber ach so blauäugigen Social-Justice-Warrior- und Gutmenschen-Fieberträumen keine athletisch-brazige Äktschn schustern nunmehr gelassen lächelnd damit begegnen, dass man auf »Horizon: Zero Dawn« zeigt und erwidert: »Kann man wohl, und für elegant, abwechslungsreich, anrührig, humorvoll, tragisch und episch ist sogar auch noch locker Platz im Sackerl.«

Jeder zynische Depp, der noch in traditionellen Machtfantasieschablonen der ihrem Kollaps entgegentrudelnden Zeitgenossenschaft gefangen ist, kann sich düster-bestialische Stammeskriegsgrausamkeiten einer postapokalyptisch zurückgestutzten Menschheit aus der Nase ziehen, die Kunst wahrlich erquickender Science Fiction aber speist sich aus dem (nicht spezifisch christlich formatierten, sondern ganz allgemein-vagen) evangelikalen Vermögen, zu erahnen, dass in all den bevorstehenden Leiden und Zusammenbruchs-Szenarien irgendwo auch schon Keime der guten Botschaft Hoffnung darauf harren erweckt zu werden.

Kurz: »Horizon: Zero Dawn« passt wie Deckel auf Topf zu meinem Gemüt und meiner Denke und bekommt dafür Gold.

»Everything« — SILBER

Eine der edelsten Leistungen, welche zwischen den Dingen und Subjekten befindliche und zwischen ihnen vermittelnde Menschen, Objekte und Werke (vulgo: Medien) vollbringen können, entfaltet sich hier in einer Disziplin, die in Zeiten zunehmender ideologischer Wasserscheidenbildung und pekunärer Grabenweitung, für vom Optimierungstraining für zweckrationalistische Verblendungszusammenhänge selbstentfremdeten Gepiesakten, immer schwerer gelingen will: spielerische Bewusstseinserweiterungen.

Gekoppelt mit segensreicher Entschleunigung und (abgesehen von der Jagd auf Trophäen) weitestgehender Abwesenheit von zu absolvierenden Zielen, beschenkt »Everything« als Open-World-Mandala uns mit einer kunterbunten Grabbelkiste voller Umwelten und ihrer zig Bewohner, mit denen man auf vielerlei Weise herumdoofen kann, während man Vortragsschnipsel des westlichen Zen-Vermittlungspioniers Alan Watts lauscht. Pures Glück.

»Hellblade: Senua’s Sacrifice« — BRONZE

Ich stehe vollumfänglich zu dem Resümee, dass ich im Polytalk zum Spiel gegeben habe: »Ich halte es nicht für verfehlt festzustellen, dass ›Hellblade‹ vor allem durch die Gnade der Expressivität von Frauen mehr geworden ist als ein x-beliebiger, tragisch-zorniger Grim’n’gritty-Garn«, womit ich die Leistung von Senua-Darstellerin Melina Juergens und die der Furien-Stimmen vom feminstischen Theater-Trio RashDash gewürdigt wissen wollte.

Das Kampfsystem ist ganz knapp tief genug, dass mir Button Smashing stumpfes Vergnügen bereitet. Die Rätsel sind schon abwechslungsreicher und beschäftigten mich entsprechend lustvoll. Die optische Qualität ist eh der Wahn, und die Atmo ist so wuchtig, dass mich trotz der eigentlich vorhersehbar-formelhaften Unterweltreise ein mächtiges Geschick der emotionellen Manipulation anrührte und mein Inneres zum Schwingen brachte.

Für all das und den kreativen und unternehmerischen Kraftakt von Ninja Theory, neue ›Independent-AAA‹-Wege zu wagen, gibts von von mir Silber.


Dark Souls 3: DLC — The Ringed City

Als Fantastik-Feinschmecker hat es mich zutiefst entzückt, wie sich DLC Nummero 2 The Ringed City als Abschluss eines umfangreichen Fantasy-Weltenbaus der von vielen ersehnten — und für dieses Genre sonst so typischen — linearen Klarheit heilgeschichtlicher oder apokalyptischer Epik verweigert hat, und stattdessen seinem ureigensten narrativen Groove treu blieb, indem es sein aus Lore-Infos, -Querverweisen und -Lücken gestricktes narratives Netzwerk mit nur noch mehr numinöser Kryptik ausschmückte und schimmernd mehrdeutig ausfransen lässt.

Spielerisch wird einiges bisher bei Dark Souls noch nicht Dagewesenes gereicht, und völlig kaputte Komplettismus-Zwangsneurotiker, die keinen noch so aberwitzig harten Boss unbezwungen lassen können, dürfen wonniglich an Finsterdrache Midir verzweifeln.

Uncharted: The Lost Legacy

Gemessen an der Zeit die ich seit Wochen in der Multiplayer-Suite von Uncharted: The Lost Legacy vertüdel, ist dies mit weitem Abstand mein Lieblingstitel des Jahres. Aber subjektiv-eigentümliche Shooter-Fetischismen sind ja nicht alles, ne? Klaro können auch die neuen Protagonisten-Ladies Nadine und Chloe nicht über die grundsätzliche Ausgelutschheit der Reihe hinwegtäuschen, aber die Naughty Dog-typischen Tugenden schaffen es zumindest bei mir, die bellenden Hunde scharfer Kritik in den Schlaf zu kraulen. Und versteckt als Kletter- und geduldig-nix-tun-Trophäe gibt’s den (für mich) besten animierten Bildschirmschoner aller Zeit seit ever!

Wolfenstein II: The New Colossus

Bei keinem Spiel habe ich 2017 so oft frustriert geflucht, wie bei »Wolfenstein II: The New Colossus«, denn ich wollte meinen ersten Durchgang mit Schleich-Kill-Taktik absolvieren, hab aber immer wieder vor den Latz geknallt bekommen, dass Gegner-KI und (bis auf wenige Ausnahmen) Level Design gar nicht dafür ausgelegt sind. Dann gibt es enttäuschenderweise im Gegensatz zum Vorgänger statt richtigen, einzigartigen Boss-Kämpfen lediglich Arenen mit ganz besonders umfangreichen Wellen an Standard-Gegnern, und der große Bogen der Erzählung zerfasert erstaunlich unrund.

Trotzdem bin ich diesem eigensinnigen Spiel mit Haut und Haar verfallen, weil es (wie schon »Wolfenstein: The New Order«) für ein Blutrauschballerbumspiel charmant viel Hirn und Herz mit pulpig-brachialer Chuzpe bietet, und es unterm Strich, gemessen an meinen Frustmomenten, viel mehr Gelegenheit für mich gab zu staunen, zu schmunzeln, enthusiasmiert „WTF?!“ zu rufen, Becker-Faust zu machen, triumphal zu grölen, Kloß im Hals und feuchte Augen zu haben. Ich freu mich schon auf die DLCs und den hoffentlich wieder mit etwas mehr Gameplay-Sorgfalt versehenen Trilogie-Abschluss.

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